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Notenbanker-Treffen:
Enttäuschungspotenzial für die Finanzmärkte

Finanzmarktkommentar von Dr. Björn Ohl, Ökonom der apoBank | 18.08.2025

Auf einen Blick

  • Schwache US-Arbeitsmarktdaten lassen die Investoren auf Leitzinssenkungen der Fed hoffen
  • Der politische Einfluss auf die Fed nimmt deutlich zu. Ihre Unabhängigkeit ist ernsthaft bedroht
  • Die Rede von Fed-Chef Jerome Powell birgt ein gewisses Enttäuschungspotenzial für die Märkte
  • Die Fed wird ab Herbst ihren Leitzinssenkungskurs wieder aufnehmen und mit einem einfachen Zinsschritt beginnen

Der Druck auf die US-Notenbank nimmt von allen Seiten zu

Nach dem überraschend schwachen US-Arbeitsmarktbericht für Juli, der deutliche Abwärtsrevisionen der Beschäftigungszuwächse im Mai und Juni offenbarte, richten sich die Hoffnungen der Anleger nun verstärkt auf die US-Notenbank. Zinssenkungen der Fed sollen die nachlassende Konjunkturdynamik abfedern. Vor diesem Hintergrund steht das Jackson Hole-Symposium, das jährliche Treffen führender Notenbanker, in diesem Jahr besonders im Fokus.

Das zentrale Thema der Konferenz lautet „Arbeitsmärkte im Wandel“. Für die Investoren ist jedoch vor allem entscheidend, welchen geldpolitischen Kurs die Fed nun einschlagen wird – und ob sie sich dem politischen Druck von Präsident Donald Trump und Finanzminister Scott Bessent entziehen kann. Beide hatten in den vergangenen Wochen vehement schnelle und kräftige Zinssenkungen gefordert und Fed-Chef Jerome Powell scharf attackiert. Zuletzt drohte Trump sogar mit einer Klage. An den Märkten wächst deshalb die Sorge, dass die Unabhängigkeit der Fed Schaden nehmen könnte.

Was sagt Fed-Chef Powell, was sagt er nicht

Die mit Spannung erwartete Rede Powells am Freitag gilt als Höhepunkt der Tagung. Viele Investoren hoffen, dass er bereits konkrete Hinweise auf eine Zinssenkung bei der nächsten Fed-Sitzung am 17. September geben wird.

Wir teilen diese Erwartung nicht. Vielmehr sehen wir ein gewisses Enttäuschungspotenzial für die Märkte: Powell dürfte unserer Einschätzung nach bewusst zurückhaltend bleiben und eher vorsichtige Töne anschlagen, um sich alle Optionen offenzuhalten. Schließlich stehen bis Mitte September noch wichtige Datenveröffentlichungen an – darunter ein Arbeitsmarktbericht, neue Inflationszahlen und revidierte Beschäftigungsstatistiken für den Zeitraum April 2024 bis März 2025. Diese können das konjunkturelle Bild und die geldpolitische Reaktion der Fed noch wesentlich verändern.

Powell wird daher kaum das Risiko eingehen, sich voreilig und unnötig festzulegen. Er ist bekannt dafür, seine Reden minutiös vorzubereiten – zudem ist dies seine letzte Jackson Hole-Konferenz als Fed-Vorsitzender, auf der er sich keinen Fehltritt leisten wollen wird. Seine Amtszeit läuft im Mai 2026 aus.

Auch wenn immer wieder Spekulationen über eine mögliche vorzeitige Abberufung durch Trump kursieren, gehen wir davon aus, dass Powell bis zum Ende seiner Amtszeit im Amt bleibt. Dennoch dürfte Trump in der Zwischenzeit einen Nachfolger benennen, der eher einer expansiveren Geldpolitik zuneigt – zulasten der Inflationsbekämpfung. Daher dürfte die US-Geldpolitik in den kommenden Jahren strukturell lockerer ausfallen.

Vieles spricht für eine einfache Fed-Leitzinssenkung im September

Die Spannung vor dem Symposium ist auch deshalb groß, weil Powell in der Vergangenheit mehrfach wegweisende Entscheidungen in Jackson Hole vorbereitet hat. Im vergangenen August nutzte er die Bühne, um den Beginn des Zinssenkungszyklus anzukündigen. Im September 2024 senkte die Fed dann auch den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte, gefolgt von zwei weiteren Schritten zu je 0,25 Prozentpunkten bis Jahresende. Seitdem blieb der Leitzins unverändert bei 4,25 % bis 4,5 %.

Aktuell wird an den Märkten eine US-Leitzinssenkung im September vollständig eingepreist. Ob die Fed in diesem Jahr erneut einen doppelten Zinsschritt wagt, ist Gegenstand intensiver Diskussionen. Möglich wäre dies, falls die anstehenden Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten eine solche Entscheidung rechtfertigen.

Wahrscheinlicher erscheint uns jedoch ein einfacher Zinsschritt:
  • Erstens hat die Fed den Leitzins bereits um einen ganzen Prozentpunkt abgesenkt
  • Zweitens wird die Inflation in den kommenden Monaten angesichts der jüngsten Zollanhebungen wieder steigen.
  • Drittens will die Notenbank nicht den Eindruck erwecken, sie reagiere erneut zu spät – ein Vorwurf, den Powell sich schon im Vorjahr gefallen lassen musste und im aktuellen Konflikt mit Präsident Trump zusätzlichen Zündstoff liefern würde.

Fazit: Rede von Powell birgt für Anleger das Risiko einer Enttäuschung

Die Erwartungen an die Rede Powells auf dem Jackson Hole-Symposium sind hoch, das Enttäuschungspotenzial für die Märkte ebenso.

Sollte der Fed-Vorsitzende den Leitzinshoffnungen der Investoren einen Dämpfer versetzen, dürften die Aktien an der Wall Street erst einmal nachgeben. Ebenso zeichnen sich Kursverluste für US-Staatsanleihen, insbesondere für Papiere mit kurzen Laufzeiten, ab. Schließlich dürfte der US-Dollar zumindest kurzfristig zulegen.

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