Durchstarten in Niederbayern


Wie eine Ärztin ihren Traum vorantreibt


Eigenes Gesundheitszentrum für Aldersbach

Eine Frau denkt groß: Die Österreicherin Dr. Julia Mayer-Wick arbeitet in ihrer Aldersbacher Praxis mit ihrem Vorgänger zusammen - und treibt den Traum vom eigenen Gesundheitszentrum voran.
Schlüsselmomente, erzählt sie, seien damals die Fahrten auf der B8 durch Niederbayern gewesen. An der Donau entlang, links die Kühe, rechts die Wildgänse. "Nach ein paar Monaten fühlte sich das immer mehr nach Heimweg an", erinnert sich Dr. Julia Mayer-Wick. Nach dem Studium in Wien und ersten Stationen in der Unfallchirurgie und Sportmedizin war sie nach Deutschland gezogen, um hier ihre Weiterbildung zur Chirurgin abzuschließen. "Eigentlich wusste ich damals schon, dass ich kein Mensch bin, der gerne die Entscheidungen anderer lebt", erinnert sich die Ärztin. Allgemein-, Unfall- und Viszeralchirurgie am Klinikum in Vilshofen, dazu fachübergreifende Nachtdienste und Einblicke in die Anästhesie: Zunächst war das genau ihr Ding. "Aber dann kam der Punkt, an dem mir klar war, dass ich so nicht bis zur Rente arbeiten will - und viel mehr gestalten kann, wenn ich das Fach wechsle und mich in meiner neuen Heimat niederlasse."

Bonus dank fließendem Übergang

Sie hat es durchgezogen, binnen nur drei Jahren. Seit Oktober 2019 führt Dr. Julia Mayer-Wick ihre eigene allgemeinmedizinische Praxis in Aldersbach nahe Passau. Dem Wechsel in die Innere Medizin im Krankenhaus folgte der in die ambulante Versorgung, zu Dr. Josef Maydl, dessen Nachfolgerin sie heute ist. "Die Gespräche mit ihm haben maßgeblich dazu beigetragen, dass ich Hausärztin geworden bin", sagt die Österreicherin. Direkt nach Abschluss der Weiterbildungszeit hat sie seinen und einen halben weiteren Kassensitz übernommen. Statt sich in die Rente zu verabschieden, arbeitet Maydl jetzt als Angestellter mit reduzierter Stundenzahl weiter. Eine Konstellation, die durchaus Zündstoff bergen könnte. "Bei uns trifft das Gegenteil zu. Er war von Anfang an neugierig auf mein aktuelles Chirurgie-Wissen - und ich bin heilfroh, dass ich bei ihm viel zum wirtschaftlichen Verordnen lerne und wir einen fließenden Übergang hinbekommen." Vom seit langem geschätzten Doktor vorgestellt zu werden, habe ihr außerdem von Anfang an einen Bonus bei den Patienten verschafft.

Prävention statt Chirurgie

Ob sie ausreichend Raum hat für ihren Gestaltungswillen? Mayer-Wick genießt es, dass sie sich jetzt mehr um Prävention kümmern kann als in der Chirurgie. Sie hält Vorträge im Ort, berät zu gesunder Ernährung und Training, bald will sie Weiterbildungsassistenten anstellen. Gleich zum Start hat die Chefin außerdem in eine aufwendige IT-Umstellung und moderne Geräte investiert. Eine Herausforderung, auch für das Praxisteam, das wie Dr. Maydl an Bord geblieben ist. "Die Mitarbeiter sind sehr positiv damit umgegangen", sagt seine Nachfolgerin. "Der Vorteil ist, dass alle mit der neuen Technik vertraut sind, wenn der nächste Schritt folgt." Aldersbach prosperiert wirtschaftlich, die vielen neu zugezogenen Familien brauchen eine angemessene Versorgung. Genau die aber ist mittelfristig in Gefahr, weil zahlreiche alteingesessene Hausärzte in der Gegend aufs Rentenalter zusteuern. Julia Mayer-Wick hat deshalb einen ehrgeizigen Plan gefasst: "Aldersbach braucht ein Gesundheitszentrum. Und ich will es gemeinsam mit anderen Investoren aufbauen."

Enthusiasmus bei der Gemeinde

2021 soll das Zentrum eröffnen, mit ihr selbst als ärztlicher Leiterin und einem Team aus angestellten Kollegen, die jeweils andere Schwerpunkte der Allgemeinmedizin abdecken. Demnächst wird die Gründerin dafür mehrere Kassensitze aus der Umgebung übernehmen. "Der Enthusiasmus für unser Projekt ist groß bei der Gemeinde", erzählt sie. "Aber man muss hartnäckig sein, damit die Mühlen etwas schneller mahlen." Etwa 500 Quadratmeter Nutzfläche sehen die Entwürfe vor, ein geeignetes Grundstück im Ortskern ist bereits gefunden. Mayer-Wick bezieht die Mitarbeiter eng ein in die Detailplanung, damit der Neubau auch ihren Arbeitsabläufen gerecht wird. "Ich lege Wert darauf, meiner Mannschaft bei allen Entscheidungen die Gründe und Ziele zu erklären. Dann macht es uns allen mehr Spaß, Neues anzupacken." Die Verwaltungsaufgaben wird sie künftig einem Kaufmann überlassen, der ihr besonderes Vertrauen genießt: ihrem Ehemann, einem gebürtigen Aldersbacher.

Sich ganz aufs Medizinische und die Patienten konzentrieren

Nein, Julia Mayer-Wick hat keine Zukunftsangst. "Bei so einem Projekt mit mehreren Investitionsschritten braucht man aber jemanden an der Seite, der sich auch mit den Regeln der Kassenärztlichen Vereinigung und speziellen Förderprogrammen auskennt", sagt sie. "Bei der apoBank fühle ich mich da optimal begleitet." Ihr Rat an andere Gründer: frühzeitig informieren, welche Unterlagen und Anträge nötig sind, ein klares Konzept entwickeln, offen mit dem Abgeber kommunizieren und die Partner sorgfältig auswählen. "Mir war zum Beispiel wichtig, für die IT einen Dienstleister zu finden, der schnell vor Ort ist und den Neubau gleich mitdenkt." Das künftige Ärzteteam soll sich ganz aufs Medizinische und die Patienten konzentrieren können, während eine schlanke Verwaltung alles Administrative managt. "Die darf aber nicht zum Paralleluniversum werden", betont Mayer-Wick.


Das Gespräch mit Dr. Julia Mayer-Wick fand im Oktober 2019 statt - zur Person:
Julia Mayer-Wick ist in einem ländlichen Vorort von Graz aufgewachsen. Als sportbegeisterte Jugendliche begann sie eine Profi-Tänzer-Ausbildung, entschied sich nach der Matura an einer Handelsakademie aber doch für ein Medizinstudium in Wien. Zunächst begeisterte die Österreicherin, die schon als Kind gerne Fische seziert hatte, sich für die Chirurgie. Während der Weiterbildung aber wurde ihr klar, dass sie ganzheitlicher arbeiten und ein breiteres medizinisches Spektrum abdecken möchte.

"Ich war schon als Assistentin bei den Chirurgie-Visiten diejenige, die zuerst auf die Blutdruck-Daten
geschaut hat." Die Zeit an der Handelsakademie will Mayer-Wick heute nicht missen: "Mein Vorwissen ist
schon sehr nützlich, um betriebswirtschaftliche Auswertungen zu verstehen oder Businesspläne zu erstellen." Dieses Know-how könne man sich aber auch unkompliziert in berufsbegleitenden Seminaren aneignen.