Zwei Ärtzinnen in ihrer Gemeinschaftspraxis in Lünen

Docs im Doppelpack


Hausärztinnen in der Gemeinschaftspraxis


Katrin Reckers und Sandra Norkowski wussten schon im Studium, dass sie gemeinsame Sache
machen wollen. Heute betreiben die beiden eine Gemeinschaftspraxis. Ein Gespräch über den
Segen einer Pflegeausbildung, Bürokratie und familienverträgliche Arbeitszeiten.

Warum haben Sie sich für die Selbständigkeit zu zweit entschieden?

Reckers: Wir haben schon im ersten Semester an der Uni gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen. Wir hatten beide in der Pflege gearbeitet, waren unter den vielen 19-Jährigen mit die ältesten …

Norkowski: … und kamen aus der gleichen Ecke, sind oft zusammen Zug gefahren. Die Erfahrungen aus der Pflege verbinden einfach. Man weiß, wie die Arbeit in der Klinik abläuft, und hat gelernt, mit Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen umzugehen.

Reckers: Darüber habe ich in der Pflege zum Teil mehr gelernt als im Studium, auch über Teamarbeit und Pharmakologie zum Beispiel. Dass ich mich als Hausärztin niederlasse, war aber kein lang gehegter Traum. Nach 15 Jahren im Krankenhaus hatte ich zwar genug von den Diensten, aber allein wäre ich den Schritt in die Selbständigkeit nicht gegangen.

Warum nicht alleine - Angst vor der Bürokratie?

Norkowski: Das nicht, die Abrechnung zum Beispiel läuft mit den modernen Systemen wirklich unkompliziert, so lange man vernünftig bucht. Da bewährt sich auch, dass wir die erfahrenen Medizinischen Fachangestellten unseres Vorgängers übernommen haben.

Reckers: Wenn man die medizinische Notwendigkeit sauber dokumentiert, muss man keine Angst haben. Im Zweifel fragen wir bei der KV nach. Das Ausmaß an Schriftverkehr vor der Niederlassung fand ich allerdings schon überraschend. Zum Beispiel, dass man Unterlagen und Bewilligungen, die längst vorliegen, immer wieder neu einreichen muss. Auch das Warten, die Restuntersicherheit, ob der KV-Ausschuss uns wirklich den Zuschlag für die Praxis gibt, hat mich belastet. Das hätte mich aber nicht abgeschreckt. Wir hatten nur beide keine Lust darauf, die Last allein auf den Schultern zu tragen.

Norkowski: Das stimmt. Ich habe drei Kinder, unsere Lösung heute lässt sich auch gut mit dem Familienleben in Einklang bringen. Früher in der Klinik habe ich zwar Teilzeit gearbeitet, war aber wegen der Dienste meist die Wochenenden weg. Von den Arbeitszeiten her ist es heute definitiv besser, zumal wir uns gegenseitig vertreten und Aufgaben delegieren können. 

Wie lief die Suche nach der richtigen Praxis ab?

Reckers: Das ging relativ schnell. Direkt an meinem Wohnort arbeiten wollte ich nicht - und Lünen ist für uns beide gut erreichbar. Wir haben uns zwei Praxen angesehen, beide hatten in der Online-Börse der Kassenärztlichen Vereinigung inseriert. Die Inhaber der ersten hatten aus unserer Sicht überzogene
Preisvorstellungen, die zweite war diese hier. Die räumliche Aufteilung hat uns gleich gefallen …

Norkowski: … und wir waren froh, gepflegte Räume zu finden, die wir nicht sofort renovieren müssen. Wir konnten sofort loslegen, ohne einen einzigen Tag zu schließen. Überzeugt hat uns auch, dass unser Vorgänger Dr. Ulrich Engels von Anfang an mit offenen Karten gespielt hat. Buchhaltung, Scheinzahlen, die Schätzung der Kassenärztlichen Vereinigung: Er hat uns alles einsehen lassen.

Reckers: Außerdem hat man gemerkt, dass es Herrn Engels nicht nur ums Geld ging. Er wollte vor allem seine Patienten versorgt wissen, nach 25 Jahren waren sie ihm sehr ans Herz gewachsen.

Norkowski: Natürlich mussten wir einiges investieren. Wir haben neue Diagnostik-Geräte angeschafft und nach ein paar Monaten auch eine aktuellere Version der Praxismanagement-Software. Und eine modernere Telefonanlage.

Reckers: Wobei die uns am Anfang an unsere Grenzen gebracht hat. Vier Wochen hatten wir weder Internet noch Telefon. Inzwischen haben wir kompetente Dienstleister für solche Probleme. Wie wichtig das ist, unterschätzt man am Anfang leicht. Überhaupt keinen Stress hatten wir übrigens mit der apoBank: Das lief wie am Schnürchen, wir hatten immer den Eindruck, als Gründer wirklich unterstützt zu werden.

Gibt es auch mal Stress zwischen Ihnen?

Norkowski: Wir hätten kein Problem damit, uns zu sagen, wenn etwas nicht passt. Aber eigentlich sind wir immer einer Meinung.

Reckers: Wir kennen uns einfach gut und wissen, was der einen liegt und der anderen weniger. Außerdem teilen wir die gleiche Auffassung von Medizin: Wir setzen uns intensiv mit unseren Patienten auseinander, fragen auch mal nach, wie es in der Familie oder im Beruf läuft. Ich habe Respekt vor ihrem osteopathischen Wissen, sie vor meinen Psychotherapie-Kenntnissen. Wenn man da zu unterschiedlich tickt, funktioniert es nicht.

Wollen Sie noch wachsen, weitere Partner mit aufnehmen?

Norkowski: Einen Weiterbildungsassistenten gerne, vielleicht in Teilzeit.

Reckers: Ich kann mir vorstellen, irgendwann noch einen Sitz für Psychotherapie dazuzukaufen. Aber noch jemanden einsteigen lassen? Das wäre doch blöd für die Leute, so als fünftes Rad am Wagen.

Das Gespräch fand im Oktober 2019 statt - Im Porträt: zwei Frauen, eine Haltung

Sandra Norkowski war Kinderkrankenschwester, bevor sie ihr Medizinstudium in Münster begann - und plante passend dazu ursprünglich eine Karriere in der Pädiatrie. Ihre Praxispartnerin Katrin Reckers hat nach der Ausbildung in Dortmund gleich sechs Fachgebiete als Krankenpflegerin kennengelernt: Urologie, Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin und Strahlentherapie. Später, im Medizinstudium, wollte sie eigentlich Psychiaterin und Neurologin werden. "Gerade junge Ärzte verhalten sich häufig arrogant gegenüber der Pflege", sagen die beiden noch heute. "Dabei könnten beide Berufsgruppen so viel voneinander lernen." An der Allgemeinmedizin schätzen die Ärztinnen das breite Spektrum, finden es bisweilen aber ungerecht, dass die Leistungen anderer Fachärzte besser vergütet werden. Katrin Reckers wohnt mit ihrem Mann, einem angehenden Psychiater, in Kamen. Sandra Norkowski lebt mit ihrer Familie in Hamm und ist froh darüber, dass ihr Gatte als Ingenieur einen anderen Beruf hat: "Zuhause brauche ich wirklich nicht noch einen Arzt."